von Frank C. Schaper und Gregg
Gerner
Das Gebäude stand bereits in Vollbrand, als die Feuerwehr ankam. In dem
unbewohnten, dreistöckigen Gebäude hatte es schon mehrere Male gebrannt.
Und
jetzt brannte es lichterloh. Ein Außenangriff wurde von vorne über eine
Drehleiter vorgenommen, als die Hinterseite des Gebäudes plötzlich
einstürzte
und dabei einen Feuerwehrmann tötete und drei andere verletzte. Niemand
weiß,
weshalb sie im Gebäude waren. Keiner hatte ihnen gesagt, sie sollten
reingehen.
Ihre Aufgabe war es gewesen, einen Schlauch zur Rückseite des Gebäudes
zu legen,
das Feuer von außen zu bekämpfen und die Nachbargebäude zu schützen. Der
Außenangriff hatte zuerst auch einigen Erfolg, dann flackerte das Feuer
aber
wieder heftig auf und das Gebäude stürzte ein. Niemand wußte, daß es ein
Problem
gab, bis ein Feuerwehrmann taumelnd herauskam und auf dem Gehweg
zusammenbrach.
Ein Feuerwehrmann getötet, drei verletzt - addieren Sie diese Zahlen zu
den
jährlichen Statistiken, die wieder einmal beweisen, daß Feuerwehrleute
den
gefährlichsten Job in Amerika haben. "Ein gefährlicher Job." "Der
gefährlichste
Job." "Wir haben den gefährlichsten Job." Viele Feuerwehrmänner sagen
diese
Worte mit Stolz. Wir tragen sie wie eine Fahne oder ein Ehrenabzeichen.
In
Wirklichkeit jedoch sollten wir sie um unsere Nacken binden und unsere
Köpfe
beschämt hängen lassen. Einen Beruf zu haben, in dem jedes Jahr
durchschnittlich
einhundert Leute getötet und tausende verletzt werden, ist nichts,
worauf man
stolz sein kann.
Wissen Sie, was Feuerwehrleute wirklich umbringt und verletzt? Die
Statistiken
geben nicht die ganze Antwort. Die jährlichen Berichte nennen
Herzinfarkte,
entzündete Wunden, Verbrennungen, Streß, fehlerhafte Ausrüstung,
technische
Mängel, Gebäudeeinstürze, undsoweiter undsoweiter.
Aber wollen Sie wirklich wissen, was Feuerwehrleute umbringt und
verletzt? Die
Hauptursachen der Todesfälle und Verletzungen bei Feuerwehrleuten sind
diese
drei:
1. Leiter, die nicht leiten.
2. Vorgesetzte, die Regeln mißachten.
3. Feuerwehrleute, die dumme und gefährliche Sachen tun.
Leiter, die nicht leiten
Als Leiter werden hier die Männer und Frauen an der Spitze der
Feuerwehren
gesehen. Sie sind verantwortlich für den Aufbau und die Einführung von
Regeln,
Grundsätzen und bindenden Anweisungen. Hoffentlich haben sie
Informationen von
allen Beteiligten eingeholt, bevor sie neue Regeln und Verfahren
anordnen. Aber
ebenso wichtig ist es, daß sie als Leiter die einmal verfaßten Regeln
durchsetzen und mit dem entsprechenden Nachdruck versehen. Dies nicht zu
tun,
wäre mangelhafte Leitung.
Es gibt Gründe, weshalb einige Feuerwehrleiter versagen. Hier sind nur
einige:
Einige leiten nicht, weil sie nicht wissen wie sie es tun sollen. Die
amerikanischen Feuerwehren tut sich sehr schwer beim Vorbereiten der
Feuerwehrleute auf Führungspositionen und Leitungsaufgaben.
Viele Feuerwehren versäumen es, die am besten geeignete Person in das
Amt zu
bringen. Zahlreiche Faktoren können dazwischen kommen, und es ist eine
Tatsache,
daß in vielen Fällen nicht die qualifizierteste Person zum Leiter
ernannt wird
und Inkompetenz schürt das Feuer.
In den vielen Feuerwehren der USA üben die Leiter keine vernünftige
Kontrolle
über ihre Feuerwehr aus. Sie haben nicht begriffen, daß sie zusammen mit
dem
goldenen Abzeichen eine große Führungsverantwortung übernommen haben.
Vorgesetzte, die Regeln mißachten
Als Vorgesetzte bezeichne ich hier Wachabteilungsleiter, Zugführer,
Gruppenführer, u.s.w.. Diese Leute haben sich meistens von unten
hochgearbeitet.
An einem Tag sind sie "einer von den Jungs" und tags darauf sind sie
Vorgesetzter. Das Problem ist, sie möchten "einer von den Jungs"
bleiben. Raten
Sie, was darunter leidet? Inspektionen werden aufgeschoben, Ausbildung
wird
verzögert, vorgeschriebene Vorgehensweisen werden mißachtet,
Sicherheitsvorschriften werden umgangen und Probleme werden ignoriert.
Man hört
oft Kommentare wie: "Das ist typisch Joe, diesmal werde ich es für ihn
tun."
Oder: "Weshalb dieser Sicherheits- und Unterstützungskram? Vergiß es!
Wir machen
es einfach nicht." Wenn ein Vorgesetzter anfängt, Regeln zu mißachten
und
Verfahren nicht zu befolgen, dann ist die Sicherheit derer, die unter
seinem
Kommando stehen, gefährdet.
Feuerwehrleute, die dumme und gefährliche Sachen tun
Als Feuerwehrleute haben wir geschworen, Leben und Eigentum zu retten.
Manchmal
riskieren wir unser eigenes Leben, um diese Aufgabe zu erfüllen. Aber
viel zu
oft gefährden wir uns selbst, ohne jeglichen Grund. Zuviele
Feuerwehrleute
kommen ums Leben bei Bränden in unbewohnten und verlassenen Gebäuden
oder bei
der hoffnungslosen Bekämpfung eines Vollbrands. Weshalb betreten
Feuerwehrleute
Gebäude, während von außen hunderte von Litern Wasser hineingepumpt
werden?
Warum riskieren Feuerwehrleute ihr Leben für ein Gebäude, um das sich
seit 20
Jahren niemand gekümmert hat? Warum fällt es Feuerwehrleuten so schwer,
sich
zurückzuziehen, wenn der Befehl dazu gegeben wird? Die Antworten sind
ziemlich
dumm: "Tja, davon haben wir nicht so viele. Also wollten wir das beste
draus
machen." "Noch eine Minute und wir hätten das Feuer in der Gewalt
gehabt." "Laßt
es uns angehen, sonst sind wir die ganze Nacht hier." Brillantes Denken
wie
dieses läßt Feuerwehrleute jedes Jahr sterben oder verletzt werden.
Weshalb tragen Feuerwehrleute nicht ihren Preßluftatmer? Warum
aktivieren sie
nicht ihre Totmann-Geräte? Warum tragen Feuerwehrmänner nicht ihre
Helme? Oft
zitierte Gründe sind diese: "Es ist zu heiß." "Es ist zu schwer." "Es
ist zu
laut." "Es macht mich langsamer." Diese Entschuldigungen ziehen einfach
nicht,
wenn man bedenkt, daß unser Leben daran hängt.
Wenn Profi-Footballspieler genau so selten, wie manche Feuerwehrleute,
ihre
Schutzausrüstung tragen würden, dann gäbe es keine Footballspieler mehr.
Sie
wäre alle auf der Verletztenliste. Haben Sie jemals einen
Football-Trainer
gesehen, der einem Spieler sagt, er soll seine Polster anziehen oder
seinen
Mundschutz einstecken bevor er spielt? Wenn ein Footballspieler ins Feld
geht,
ist er bereit, zu kämpfen. Ironischerweise können Sie zu den meisten
Feuerwehren
dieser Nation gehen und hören, wie der Chef seine oder ihre Leute daran
erinnert,
das Zeug anzuziehen. Wenn ein Footballspieler so gewissenhaft mit der
Schutzausrüstung umgeht, sollten wir es nicht auch tun? Denn das, was
wir tun,
kann uns töten. Wir können in gefährlichen Situationen arbeiten, das
heißt aber
nicht, daß wir gefährlich arbeiten müssen.
Drei Prinzipien
Okay, was tun wir dagegen? Ein Blick auf privat Unternehmen könnte eine
mögliche
Antwort zeigen: Ausrüsten, Ausbilden und Durchsetzen sind die
Schlüssel-Prinzipien
zur Verringerung der Verletzungen und der Todesfälle von
Feuerwehrleuten.
Private Sicherheitsspezialisten wenden diese drei Prinzipien seit Jahren
an und
sind äußerst erfolgreich damit. Es ist Zeit, daß die Feuerwehr diesem
Beispiel
folgt. Es gibt viele Möglichkeiten, wie die drei Prinzipien im
Feuerwehrdienst
angewendet werden können. Die folgende ist nur eine davon:
Ausrüsten
Wir haben seit langem Atemschutzgeräte, die speziell für unsere Arbeit
entwickelt wurden und auf den Feuerwehrfahrzeugen mitgeführt werden. Die
Atemschutzgeräte von heute sind leichter und besser als ihre Vorgänger.
Ihr
Luftvorrat ist größer und sie sind leicht zu pflegen.
Ausbilden
Feuerwehrleute verfügen im Einsatz über Atemschutzgeräte und sind im
Umgang
damit geschult. Sie wissen, gegen welche Gefahren sie durch die
Atemschutzgeräten geschützt sind und daß sie die Geräte bei bestimmten
Einsätzen
benutzen müssen. Jeder Feuerwehrmann kennt das Disziplinarverfahren, das
bei
Nichtbefolgung auf ihn zukommt.
Durchsetzen
Zwei Feuerwehrleute gehen ohne Atemschutzgerät in ein brennendes
Gebäude. Sie
werden zum Fahrzeug zurückgeschickt, um ihre Ausrüstung zu holen. Später
erhalten sie eine schriftliche Verwarnung für die Mißachtung der
Atemschutzvorschrift.
Wenn die Feuerwehren die drei Prinzipien übernehmen würden und sie mit
leitenden
Leitern, zuverlässigen Vorgesetzten und Feuerwehrleuten kombinieren
würden, die
sicher und überlegt arbeiten, dann würden die Verletzungen und
Todesfälle zu
bisher ungekannten Zahlen absinken. Die Mittel sind da, die Systeme
stehen, die
Vorschriften sind schon geschrieben. Jetzt liegt es an uns. Sind Sie
bereit,
Ihre Arbeit zu tun? Wenn nicht, könnten Sie die nächste Statistik
werden.
Gregg Gerner und Frank C. Schaper sind führende
Mitglieder der
"St. Louis Quint Conzepts", einer Gesellschaft für Beratung und
Ausbildung. G.
Gerner ist zusätzlich der Koordinator für Forschung und Entwicklung der
St.
Louis Feuerwehr, F.C. Schaper ist stellvertretender Abteilungsleiter der
B-Schicht
der Feuerwehr in St. Louis.
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